Der Neptunbrunnen in den 1880er Jahren, Foto: Hermann Krone, fotopolska.eu
Früher war der Neptunbrunnen eines der Symbole der Stadt, das auf Postkarten verewigt wurde. Alle dachten, er sei für immer verloren und teilte das Schicksal des 1945 zerstörten Neumarkt/Nowy Targ-Platzes, der die Belagerung der Festung Breslau nicht überlebte. Am 7. Dezember 2022 - nach mehr als einem Jahrhundert Abwesenheit - ist der barocke Neptun nach Breslau zurückgekehrt. Die Statue ist nicht vollständig, aber es besteht kein Zweifel: Er ist es, der im 18. Jahrhundert die Bürger von Breslau mit seiner Nacktheit beleidigte und ein stummer Zeuge der turbulenten Ereignisse des Völkerfrühlings war.
Die sensationelle Entdeckung wurde vom Breslauer Historiker Dr. Tomasz Sielicki und Joanna Biniek vom Niederschlesischen Landesamt für Denkmalpflege gemacht. Die Kunsthistoriker Barbara Andruszkiewicz und Dr. Romuald Nowak vom Nationalmuseum in Breslau bestätigten die Echtheit des gefundenen Neptuns.
Die Nachforschungen von Dr. Tomasz Sielicki zeigen, dass bei der Generalrenovierung des Brunnens auf dem Neumarkt im Jahr 1874 auch eine neue Neptunstatue geschaffen wurde. Sie wurde von Albert Rachner angefertigt, dem Schöpfer der Linnaeus-Büste im Botanischen Garten. Und genau diese Skulptur wurde 1945 zerstört, während das Original auf dem Privatgrundstück des ehemaligen Stadtrats Leutnant Carl Müller aufgestellt wurde. Aus damaligen Zeitungsberichten geht hervor, dass der alte Neptun 1889 auf Müllers Anwesen in Langendorf/Wielowieś bei Groß Wartenberg/Syców aufgestellt wurde.
Die Fragmente der dort gefundenen Statue wurden am 7. Dezember zum Alten Jüdischen Friedhof in der Lohestraße/Ślężna gebracht. Jetzt befinden sie sich im Stadtmuseum von Breslau, wo sie gesichert, untersucht und - soweit es die Ressourcen erlauben – konserviert werden.
Der Transport der Skulptur nach Breslau wurde von der Gemeinde Groß Wartenberg, dem Eigentümer des Grundstücks in Langendorf und von den Privatpersonen: Tomasz Sielicki, Bartłomiej Kandora, Marek Karabon, Kamila und Krzysztof Kokot mit Familie finanziert.
Der Dreizack, aus dem auch Wasser sprudelte, erinnerte die Breslauer Bürger an eine Mistgabel zum Werfen von Dung. Aus diesem Grund wurde die Skulptur von den Breslauern Gabeljürge genannt. Mit der Zeit erfreute sich die Skulptur einer immer größeren Beliebtheit.
„Er erschien als Figur in Kurzgeschichten. Er war Schirmherr der berühmten Silvesterparaden. Die Bürger von Breslau begrüßten das neue Jahr mit lauten, an Neptun gerichteten Rufen. Einige kletterten sogar auf das Podest, das als öffentliches Rednerpult diente. Der Brunnen wurde zu einem der wichtigsten Symbole von Breslau, das auf Hunderten von Postkarten verewigt wurde”, erklärt Dr. Sielicki. (Magdalena Ilgmann)
Beitrag gekürzt aus "Schlesien heute" Nr. 2/2023
Gefundene Überreste der Neptunfigur, Foto: Niederschlesischer Denkmalschutz